End Endometriose

Der Bezirksparteitag der FDP Schwaben hat beschlossen:

Bei Endometriose handelt es sich um eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen bei Frauen. Das Krankheitsbild zeichnet sich durch Entzündungen und Wucherungen, meist im unteren Bauch- und Beckenraum sowie in der Gebärmutter aus und verursacht nicht nur Schmerzen in verschiedener Ausprägung, sondern kann auch zu lebensbedrohlichen Darmproblemen und Unfruchtbarkeit führen. So ist jede zweite Frau mit unerfülltem Kinderwunsch von Endometriose betroffen. Um ein effektives Vorgehen gegen diese Krankheit zu ermöglichen, fordern wir:

  1. Eine Erhöhung der vom Bund bereitgestellten Fördermittel zur Erforschung von Endometriose sowie von neuen und patientenschonenden Möglichkeiten der Diagnose und Behandlung.
  2. Den Ausbau von zertifizierten medizinischen Einrichtungen zur Endometriosebehandlung in Deutschland, um eine qualitativ hochwertige Beratung und Behandlung von Endometriose unabhängig von Wohnort und Lebenssituation zu ermöglichen. Über die Standorte dieser Einrichtungen soll auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums informiert werden.
  3. Eine vom Bundesgesundheitsministerium ausgehende Aufklärungskampagne für die Bevölkerung sowie für Ärztinnen und Ärzte innerhalb und außerhalb des gynäkologischen Fachbereichs. In dieser soll nicht nur auf Symptome der Krankheit aufmerksam gemacht werden, sondern auch Informations- und Behandlungseinrichtungen aufgeführt werden. Bei der Entwicklung der Kampagne soll eng mit der Endometriose-Vereinigung Deutschland zusammengearbeitet werden.
  4. Eine Erforschung der Anwendbarkeit u.a. der Anti-Baby-Pille als Medikament für die Behandlung von Endometriose, solange noch keine langfristig effektiven Behandlungen der Endometriose entwickelt wurden sowie im Falle einer erfolgreichen Erprobung die Kostenübernahme durch die Krankenkassen, sofern der Einsatz dieses Therapeutikums nach Empfehlung durch Ärztin oder Arzt von der Patientin gewünscht ist. Darüber hinaus sollen auch andere, (zukünftige) Therapiemethoden der Endometriose von der Krankenkasse übernommen werden.
  5. Um bereits im frühen Alter ein Bewusstsein für Endometriose zu schaffen, soll die Krankheit mit ihren Symptomen Teil der Familien- und Sexualerziehung an Schulen zum Beispiel im Rahmen der Biologiestunden werden.

Begründung:

zu 1.: Endometriose ist seit über 100 Jahren bekannt und betrifft zwischen 7 und 15 %[1] der Frauen im reproduktionsfähigen Alter. Es ist jedoch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Zwischen dem ersten Auftreten von Symptomen und der Diagnose Endometriose liegen im Durchschnitt 10,4 Jahre[2]. Das liegt einerseits an der mangelnden Bekanntheit der Erkrankung in der Bevölkerung, andererseits an extrem geringen Forschungsbemühungen in diesem Feld. Im Zeitraum von 2000 bis 2017 wurden zur Endometrioseforschung allein der Medizinischen Hochschule in Hannover Gelder vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellt, 2008 bis 2011 etwa 200 000 € für die Evaluation eines Schulungsprogramms für Patientinnen mit Endometriose und ein weiteres Mal 200 000 € von 2013 bis 2015 für die Untersuchung zur Lebensqualität und Versorgung von Frauen mit Endometriose. In der 19. Legislaturperiode wurden keinerlei solche Mittel vergeben[3].

Im Vergleich zu anderen durch das BMBF geförderten medizinischen Projekten handelt es sich hierbei um einen stark beschränkten finanziellen Spielraum. Projekte zur Erforschung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten wurden/werden im Zeitraum von 2021 bis 2024 mit bis zu 12,5 Millionen Euro unterstützt[4].

Durch die enorm große Anzahl Betroffener verdient das Thema Endometriose und vor allem die Entwicklung von patientenschonenden Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten mehr Aufmerksamkeit. Momentan können durch Endometriose ausgelöste Zysten und Entzündungen nur mit Hilfe von Sonographie (Ultraschall) oder einer Laparoskopie (Bauchspiegelung) festgestellt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Sonographie Hinweise auf Endometrioseherde gibt, ist vergleichsweise gering und nur gegeben, wenn die Wucherungen bereits eine gewisse Größe erreicht haben. Genauere Auskunft kann allein eine Laparoskopie geben. Bei dieser handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff, der unter Vollnarkose durchgeführt wird. Durch einen Schnitt in Bereich des Nabels in die Bauchhöhle wird eine kleine Kamera in den Bauchraum eingeführt. Diese Art der Diagnose schließt allerdings alle Risiken einer Operation mit ein, unter anderem eine erhöhte Thrombosegefahr und die Möglichkeit, dass Gefäße, Nerven oder Organe verletzt werden. Der Eingriff verursacht mehrere Tage nach Durchführung noch Schmerzen, körperliche Belastungen sollen die Patientinnen 5 bis 6 Wochen nach dem Eingriff vermeiden. Die Laparoskopie stellt trotz all dieser Probleme die einzige wirklich zuverlässige Diagnosemöglichkeit einer Endometrioseerkrankung dar[5]. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass durch den Bund mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Alternativen in der Befundstellung zu finden.

Allerdings ist nicht nur die Diagnose der Krankheit mit Schwierigkeiten verbunden. Auch die Behandlung einer Endometriose kann aktuell nur sehr eingeschränkt erfolgen. Zum einen ist eine Therapie durch Antiphlogistika (entzündungshemmende Wirkstoffe) wie Ibuprofen oder Diclofenac möglich, die der Betroffenen die größten körperlichen Beschwerden erträglicher machen soll. Zum anderen können endokrine Mittel wie Gestagene oder die Antibabypille eingesetzt werden. Beide Therapiemöglichkeiten sind wiederum mit eigenen Nebenwirkungen verbunden, insbesondere die hormonelle, da diese eine besondere Belastung für den Körper darstellt. Zusätzlich ist diese Art der Behandlung ungeeignet für Frauen mit einem Kinderwunsch und ein Wiederauftreten der Symptome nach zwischenzeitlich erfolgreicher Bekämpfung von Krankheitszeichen gegeben. Keine dieser Behandlungsmethoden bekämpft die Ursache von Endometriose, was insbesondere daran liegt, dass diese nicht bekannt ist[6]. Genau das zeigt den erhöhten Forschungsbedarf.

zu 2.: Damit Betroffene sich an entsprechend geschultes, medizinisches Personal wenden können, sind zertifizierte Endometriosepraxen, -kliniken oder -zentren[7] von großer Bedeutung. Von solchen spezialisierten medizinischen Einrichtungen, die sich vor allem durch Erfahrung mit der Behandlung von Endometriose sowie einer interdisziplinären Versorgung auszeichnen, existieren derzeit nur etwa 100 in ganz Deutschland (ausgehend von 17,2 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter[8] und bei einer niedrig gegriffenen Schätzung von 10 % mit Endometriose wäre eine zertifizierte Endometrioseeinrichtung für 17 200 Betroffene zuständig). Diese sind allerdings unterschiedlich stark in den einzelnen Bundesländern vertreten, vor allem der ländliche Raum ist stark unterrepräsentiert. Während es im Raum Köln-Bonn-Bochum ca. 15 dieser Einrichtungen gibt, sind es in Sachsen oder Sachsen-Anhalt jeweils zwei im ganzen Landesgebiet. Dies stellt offensichtlich eine klare Unterversorgung dar.

zu 3.: Trotz ihrer weiten Verbreitung wissen nur wenige Menschen um die Existenz der Krankheit, wodurch von Endometriose ausgelöste Symptome sehr selten erkannt und zugeordnet werden können. Daher ist es wichtig, Informationen über die Ursache von Endometriose, das Krankheitsbild und mögliche Anlaufs- und Beratungsstellen zu geben. Dies soll Frauen weiterhelfen, eine Endometrioseerkrankung frühzeitig zu erkennen und sich Hilfe bei der Bekämpfung der Krankheit suchen zu können.

Eine Aufklärungskampagne, ausgehend vom Bundesministerium für Gesundheit, die sich an eventuell Betroffene oder Frauen mit bereits diagnostizierter Endometriose richtet, ist daher dringend anzuraten.

Auch Ärztinnen und Ärzte ziehen oftmals trotz eines für Endometriose typischen Krankheitsbildes eine solche Erkrankung nicht in Erwägung. Aus diesem Grund sollte eine separate Kampagne für medizinisches Personal etabliert werden.

zu 4.: Zwar besteht die Option eines operativen Eingriffs besteht im Zuge der Laparoskopie, diese zeigt langfristig allerdings wenig Wirkung. Bei jeder 2. Patientin treten innerhalb von 5 Jahren erneut Endometrioseherde auf[9]. Deswegen kann die Antibabypille trotz ihrer Risiken eine wirksame Behandlung von Endometriosesymptomen darstelle. Bei dem endokrinen Kontrazeptivum handelt es sich um einen Wirkstoff, der bei einer kontinuierlichen und unterbrechungsfreien Einnahme die Bildung von Gebärmutterschleimhaut verhindert[10]. Da es sich bei Endometrioseherden um Ansiedlungen von Gewebe, ähnlich der Gebärmutterschleimhaut handelt, besteht durch die Einnahme der Antibabypille das Potenzial, das Wachstum der Endometrioseherde zu bremsen. Um dieses Potenzial zu bestätigen, sind entsprechde Studien anzufertigen.

In Deutschland erfolgt die Abgabe der Antibabypille lediglich als Verhütungsmittel und nicht als Medikament für starke Regelschmerzen, wie sie unter anderem durch die Krankheit ausgelöst werden. Daher bezeichnet man den Einsatz der Pille gegen die Endometriosesymptome als sogenannten „off-label-use“, was dazu führt, dass das Präparat nicht als Krankenkassenleistung betrachtet wird. Endometriose stellt als Krankheit eine eigene Legitimation für die Finanzierung entsprechender Medikamente dar, weshalb die Kosten für die Antibabypille sowie andere entsprechende Therapiemethoden von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden sollten.

zu 5.: Die Veränderungen, die durch die Pubertät bei Mädchen und Jungen stattfinden, verursachen oftmals Verunsicherung. Da die Schule eine Institution darstellt, die den psychischen und physischen Reifeprozess von Kindern und Jugendlichen über einen längeren Zeitraum beinahe tagtäglich begleitet, bietet sich ein Einbinden von Krankheiten wie Endometriose in den Aufklärungsunterricht (an bayerischen Schulen: Familien- und Sexualerziehung) an. Dies kann beispielsweise im Zuge des Biologieunterrichts sämtlicher Schularten passieren, sobald das Thema der menschlichen Sexualität aufgegriffen wird. Darüber hinaus bietet sich allerdings auch eine interdisziplinäre Behandlung des Themas in verschiedenen Fächern an. Dadurch wird bereits in jungen Jahren eine Sensibilität für eine Krankheit hergestellt und Schülerinnen möglich gemacht, Signale ihres Körpers leichter deuten zu können.

Fußnoten:

[1] Stiftung Endometriose-Forschung, https://www.endometriose-sef.de/, aufgerufen am 20.02.2022.

[2] Hudelist, G., et al., Diagnostic delay for endometriosis in Austria and Germany. Causes and possible consequences, in: Human Reproduction Vol. 27 Issue 12 Pages 3365–3379, Oxford 2012.

[3] Bundesministerium für Bildung und Forschung (als Antwort auf eine Bürgeranfragen im Portal „FragdenStaat.de“), https://fragdenstaat.de/anfrage/aufstellung-der-fordergelder-fur-erforschung-der-endometriose/#nachricht-581311, 25.03.2021, aufgerufen am 20.02.2022.

[4] Bundesministerium für Bildung und Forschung, Übersicht über die Förderung Interdisziplinärer Forschungsverbünde zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten, https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/interdisziplinare-forschungsverbunde-zu-nahrungsmittelunvertraglichkeiten-13250.php, aufgerufen am 20.02.2022.

[5] Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Untersuchungen bei Endometriose, https://www.gesundheitsinformation.de/untersuchungen-bei-endometriose.html, aufgerufen am 20.02.2022.

[6] Robert Koch Institut, Frauengesundheitsbericht, https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsB/Gesundheitliche_Lage_der_Frauen_2020.pdf?__blob=publicationFile, aufgerufen am 20.02.2022

[7] Endometriose-Vereinigung Deutschland e. V., SEF-zertifizierte Endometriosezentren, https://www.endometriose-vereinigung.de/sefzertifizierte-endometriosezentren.html, aufgerufen am 20.02.2022.

[8] Statistisches Bundesamt (Pötzsch, Olga), Aktueller Geburtenanstieg und seine Potenziale, in: Wirtschaft und Statistik Ausgabe 3/2018, Seite 75, Wiesbaden 2018, im Web abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTA-Wirtschaft-und-Statistik/2018/03/aktueller-geburtenanstieg-032018.pdf?__blob=publicationFile#:~:text=Zwar%20reduzierte%20sich%20die%20Anzahl,ist%2C%20um%20500%20000%20zu, aufgerufen am 20.02.2022.

[9] Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Untersuchungen bei Endometriose, https://www.gesundheitsinformation.de/behandlungsmoeglichkeiten-bei-endometriose.html, aufgerufen am 20.02.2022.

[10] Wort & Bild Verlag Konradshöhe GmbH & Co. KG, Verhütung: Die Pille, https://www.apotheken-umschau.de/gesund-bleiben/sex/verhuetung-die-pille-707733.html, aufgerufen am 20.02.2022.