Foodwaste vermeiden – den mündigen Verbraucher stärken

Der Bezirksvorstand der FDP Schwaben hat beschlossen:

Jährlich werden weltweit 1.500 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet (BCG, 2018). Es landen insgesamt 42% der gesamten Obst- und Gemüseproduktion (in Zahlen: 644 Millionen Tonnen) im Abfall. In einer Zeit großer ökologischer und ökonomischer Herausforderungen ist eine solche Ressourcenverschwendung nicht mehr zu verantworten. Die Freien Demokraten treten für einen bewussteren und nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln ein.

Daher fordern wir:

  1. Wir trauen dem mündigen Verbraucher zu, selbst zu entscheiden, was er kaufen möchte. Die Lebensmittelverschwendung konzentriert sich hauptsächlich auf die Lebensmittelversorgungskette, einschließlich Verarbeitung, Einzelhandel und Verbrauch. Deshalb fordern wir eine zeitgemäße Überarbeitung der Verkaufsrestriktionen von Obst und Gemüse sowie der allgemeinen Vermarktungsnorm und der zugehörigen zehn speziellen Vermarktungsnormen der EU-Durchführungsverordnung Nr. 543/2011 vom 22.6.2011. Selbstverständlich bedeutet dies nicht, dass wir Sicherheitsstandards in Bezug auf Schadstoffbelastung und die gültigen Mindestanforderungen zur Verzehrbarkeit aufweichen wollen. Wir sehen jedoch keinen Grund, Lebensmittel nur deshalb nicht zum Verkauf anzubieten, weil es den optischen Idealvorstellungen nicht entspricht. Uns ist es wichtig, die Eigenverantwortung und die Entscheidung, auch krummes Obst und Gemüse zu kaufen, dem Verbraucher zu überlassen.
  2. Ein moderner Verbraucherschutz impliziert Eigenverantwortung bei der Entscheidung, ob Druckstellen oder kleine optische Mängel für den Käufer ein Einkaufausschlusskriterium sind. Wir befürworten daher die Einführung eines Handelsklassensystems, welches durch Bauern, Handelsketten, Supermärkte und die Verbrauchschutzzentrale festgelegt wird.
  3. Die Freien Demokraten Schwaben sprechen sich für eine Förderung von Lebensmittelspenden aus. Hierfür ist eine Erleichterung der aktuellen Lebensmittelspendenrichtlinien notwendig. Wenn für den Verbraucher klar erkennbar ist, dass das Produkt über dem Verfallsdatum liegt, soll künftig nicht mehr die Institution haften, die das Produkt in den Umlauf bringt. Wir plädieren daher für eine Gesetzesanpassung wonach nur noch juristisch belangt werden kann, wer solche Produkte in den Umlauf bringt ohne dies eindeutig kenntlich zu machen. Der mündige Verbraucher ist in der Lage zum Beispiel durch  Geruchs- oder Geschmackstest festzustellen, ob ein Produkt noch verzehrfähig ist.

 

Begründung:

Schätzungen zufolge werden in der EU pro Jahr 88 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet. Dies entspricht umgerechnet einer Menge von 173 Kilogramm pro Person. Die Lebensmittelverschwendung bedeutet zugleich die Verschwendung von wertvollen und oft knappen Ressourcen wie Wasser, Boden, Arbeitszeit oder Energie. Es ergeben sich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt: Die Lebensmittelverschwendung trägt mit einer weltweiten CO2-Bilanz, die etwa 8 Prozent der gesamten vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entspricht (laut Angaben der FAO), zum Klimawandel bei. Für jedes produzierte Kilo Lebensmittel werden 4,5 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre abgegeben. Zudem führt der fortschreitende Klimawandel zu einer weltweiten Verknappung agrarisch nutzbarer Flächen.[1][2]

Die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, ist nicht nur im Hinblick auf Wirtschaft und Umwelt eine notwendige Aufgabe, sondern auch eine moralische Pflicht: Nach Angaben der FAO leiden weltweit 793 Millionen Menschen an Unterernährung. Laut Eurostat konnten sich im Jahr 2014 circa 55 Millionen Menschen der EU28 (d.h. 9,6 Prozent) jeden zweiten Tag keine nahrhafte Mahlzeit leisten.[3]

Fußnoten

[1] Redaktion Europäisches Parlament: Lebensmittelverschwendung in der EU (Infografik) | Aktuelles | Europäisches Parlament (europa.eu), Stand 15.10.2021.

[2] Nora Beckmann: „Harte Kost – Lebensmittelverschwendung in nackten Zahlen“, Harte Kost - Lebensmittelverschwendung in nackten Zahlen | Too Good To Go, Stand: 1.10.2021.

[3] Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs: „Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung: eine Chance für die EU, die Ressourceneffizienz der Lebensmittelversorgungskette zu verbessern“, Nr. 34, 2016, S.70ff.