Lehrerversorgung sichern: Attraktivität des Berufs steigern und Quer- und Seiteneinsteiger als wertvolle Unterstützung für Schulen verstehen

Der Bezirksvorstand der FDP Schwaben hat beschlossen:

Grundsätzliches Ziel liberaler Politik muss eine hohe Schul- und Unterrichtsqualität sein. Schüler haben ein Recht auf guten Unterricht. Dazu setzen wir auf die eigenverantwortliche Schule, deren Konzept neben vielen weiteren Maßnahmen auch auf die Auswahl und Einstellung der Lehrkräfte oder anderer im System Schule handelnden Personen vor Ort abzielt. Das Kollegium der Zukunft ist aus unserer Sicht plural aufgestellt und bündelt verschiedene Professionen und Qualifikationen, die das jeweilige soziale, kulturelle und ökonomische Umfeld der im Blick haben, damit Schule Lern- und Lebensraum für alle Beteiligten ist. Der Weg über Lehramtsstudium, das auf die entsprechenden Profile der Schularten ausgerichtet ist, und einen anschließenden Vorbereitungsdienst (Referendariat), der weiterhin an den Seminar- und Einsatzschulen praxisnah und qualitätsorientiert ausgestaltet sein muss, soll auch weiterhin der bevorzugte Weg sein, um als Lehrkraft tätig zu werden. Zudem sehen wir auch viele Stellschrauben und gute Möglichkeiten, um über den Quer- und Seiteneinstieg gute und versierte Lehrkräfte zu gewinnen. Es gilt grundsätzlich Hürden auf Seiten der Staatsregierung abzubauen und bessere Möglichkeiten zu eröffnen, dass auch in Bayern der Quer- und Seiteneinstieg ermöglicht wird. Wir sehen Quer- und Seiteneinsteiger als wertvollen Gewinn für ein plural aufgestelltes Lehrerkollegium, da diese viel Praxis- und Vorwissen aus anderen Professionen mitbringen.

Die FDP Schwaben soll sich daher dafür einsetzen:

  • Einbeziehung der privaten und kommunalen Schulen bei der Bedarfsplanung. Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung der kommunalen und privaten Schulen mit qualifizierten Lehrern durch Repräsentanz wichtiger solcher Schulträger in der Lehrerausbildung und finanzielle Gleichstellung von Lehrern an staatlichen, kommunalen und privaten Schulen bei der Berechnung des staatlich zu leistenden Zuschusses.
  • Eine 110-prozentige Lehrerversorgung an Schulen zu schaffen. Dazu braucht es mehr mobile und integrierte Lehrerreserven, um kurzfristig auf Ausfälle reagieren zu können sowie verbesserte Möglichkeiten des Quer- und Seiteneinstiegs.
  • Im Rahmen des Lehramt Studiums soll ein stärkerer Fokus auf praktische Elemente, insbesondere auch an Schulen, gelegt werden, damit Lehramtsstudierende ein möglichst realistisches Bild von den Aufgaben, die auf sie zukommen, bekommen können.
  • Ein an Kriterien und Qualifikationen orientiertes Auswahlverfahren aufzustellen und eine anschließende berufsbegleitende Qualifizierung für Seiteneinsteiger über Mentorenprogramme in allen Schularten umzusetzen.
  • Lehrkräfte aus dem Ausland müssen deutlich verbesserte Möglichkeiten erhalten über den Quer- und Seiteneinstieg an den verschiedenen Schularten einzusteigen. Grundlage sind dabei sichere und nachgewiesene Deutschkenntnisse.
  • An den Universitäten müssen flexible Wechselmöglichkeiten für den Quereinstieg in die Lehramtsstudiengänge jederzeit gegeben sein. Leistungen aus anderen Studiengängen und Auslandsaufenthalten sind unbürokratisch anzurechnen und fest und starr vorgegebene Fächerkombinationen sind aufzuheben.
  • Die Universitäten und Hochschulen müssen zudem systematisch in die Aus- oder Weiterbildung der Quer- und Seiteneinsteiger eingebunden werden. Weiterbildungsmaßnahmen sind zwingend notwendig, um langfristige und im Vergleich zum regulären Einstieg faire Perspektiven im Schuldienst zu eröffnen.
  • Möglichkeiten von dualen Studienmöglichkeiten für Seiteneinsteiger sind aufzulegen. Eine sinnvolle Lösung können hier komplementäre pädagogische Studiengänge sein, die einerseits digital und auf  Distanz erfolgen können, und andererseits das Absolvieren eines (vergüteten) Mentorenprogramms an der Schule zum Inhalt haben.
  • Das Referendariat/der Vorbereitungsdienst sollte mehr in Modulen aufgebaut werden, damit man auf die individuellen Voraussetzungen jedes Einzelnen, insbesondere der Quereinsteiger, eingehen kann.
  • Die Schulen brauchen mehr Unterstützung bei der Integration von Quer- und Seiteneinsteigern, beispielsweise über mehr Anrechnungsstunden für betreuende Lehrkräfte.
  • Es sollte ein zentraler Ansprechpartner für Quer- und Seiteneinsteiger an der Schule etabliert werden. Dieser kann schulübergreifende Netzwerke bilden.
  • Es müssen innerhalb der jeweiligen Schule für alle Lehrkräfte, unabhängig ihres Einstiegs, Aufstiegsmöglichkeiten gegeben sein.

 

Begründung:

Alle 16 Kultusministerien haben über Jahre keine vorausschauende und verlässliche Einstellungspolitik gewährleistet, so wurden einerseits Lehrkräfte teuer ausgebildet und an andere Bundesländer verloren oder andererseits haben interessierte junge Menschen aufgrund schlechter Prognosen oftmals ein Studium gar nicht erst aufgenommen. Der Begriff „Schweinezyklus“ ist im Zusammenhang mit dem Lehramtsstudium zum geflügelten Wort geworden.

Das Lehramtsstudium verliert insgesamt an Attraktivität: Die Zahl der Studienanfänger eines Lehramtsstudiums ist bundesweit von 37.400 im Studienjahr 2020/21 auf 32.300 im Studienjahr 2021/22 gesunken. Dies stellt einen Rückgang um etwa 14% dar. Der demografische und pandemiebedingte Rückgang bei den Studienanfängern insgesamt beläuft sich hingegen nur auf -4%. Damit der Weg über Lehramtsstudium und Referendariat weiterhin der bevorzugte Weg bleibt, um als Lehrkraft tätig zu werden, muss dieser wieder von mehr Studierenden eingeschlagen werden. Daher müssen sowohl das Ansehen des Berufes als auch dessen Attraktivität gesteigert werden.

Der Anteil von Seiteneinsteigern an den neu eingestellten Lehrkräften hat nach Angaben der KMK im Jahr 2018 mit 13,3 Prozent bundesweit einen neuen Höchststand erreicht, eine Versechsfachung gegenüber dem Jahr 2013, als der Anteil 2,4 Prozent betrug. Oftmals fehlen aber Konzepte zur Aus- und Weiterbildung bei Quer- und Seiteneinsteigern. Umso wichtiger ist es daher, gezielt zu unterstützen, um eine hohe Unterrichtsqualität auch in Zukunft zu gewährleisten.