Sweet Dreams (Are Made Of Bildungsgerechtigkeit)

Der Bezirksvorstand der FDP Schwaben hat beschlossen:

Bildung stellt die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben und das Vorankommen eines jeden Einzelnen dar. Genau deswegen steht Bildung im Fokus liberaler Politik. Neben den klassischen Schullaufbahnen ist es uns aber auch wichtig, Durchlässigkeit und Flexibilität zwischen den verschiedenen Schularten zu schaffen und auf die individuelle Entwicklung der einzelnen Schüler konkret eingehen zu können. Daher fordern wir:

  1. Probeunterrichte an Realschulen und Gymnasien für Grundschüler, deren Übertrittsnote für die entsprechende Schulart nicht ausreichend ist, müssen dem tatsächlichen Leistungsniveau von Schülerinnen und Schülern der 4. Klasse angepasst werden, so dass es den Schülern ohne aufwändige außerschulische Vorbereitung möglich ist, den Probeunterricht zu bestehen. Notwendige Übungen, um Schülerinnen und Schüler auf die Prüfungssituation und -aufgaben vorzubereiten, sollen  m laufenden Schuljahr behandelt werden.
  2. Einen Ausbau der Einführungsklassen für die gymnasiale Oberstufe sowie eine Überarbeitung der dafür vorgesehenen Lehrpläne, damit eine tatsächliche Vorbereitung auf die Oberstufe gewährleistet werden kann. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass Sprachanfänger der zweiten Fremdsprache eine für sie angepasste Bewertung ihres Sprachniveaus erhalten. Entsprechende Anfängerkurse sind hinsichtlich Unterrichtsniveau und Benotung hieran anzupassen.
  3. Die Wirtschaftsschule stellt eine berufsnahe Alternative zu den gängigen weiterführenden Schulen dar. Daher soll das Angebot, die Wirtschaftsschule bereits ab der 6. Klasse zu besuchen, ausgebaut werden. Zudem soll diese Möglichkeit auch auf die 5. Klasse ausgeweitet  werden.
  4. Eine Anpassung der Probezeit an den 11. Klassen der Fachoberschulen. In der Probezeit sollen mindestens zwei schriftliche Leistungsnachweise in jedem Fach erfolgen, um eine aussagekräftige Vergleichbarkeit zu schaffen. Außerdem sollen Schülern, die gefährdet sind, die Probezeit nicht zu bestehen, verstärkt Beratungsangebote zu ihrer weiteren Bildungslaufbahn gemacht werden.

Begründung:

zu 1.: Der Probeunterricht an bayerischen Realschulen und Gymnasien soll dem Zweck dienen, Schülerinnen und Schülern der 4. Klasse die Chance für einen Besuch dieser Schulen zu geben, auch wenn sie sich nicht durch das Übertrittszeugnis für ein höhere weiterführende Schule qualifizieren konnten. Der Probeunterricht, wie er momentan durchgeführt wird, ist allerdings keineswegs an den Wissensstand eines 4. Klässlers angeglichen und behandelt oftmals Aufgabenstellungen, in denen die Schülerinnen und Schüler zuvor nie unterrichtet wurden. Besonders Schüler, die einen Übertritt an die Realschule erzielen wollen, haben oftmals erhebliche Schwierigkeiten. So haben im Schuljahr 2016/17 gerade einmal 26,2 % der Teilnehmer den Probeunterricht bestanden[1].

Die Möglichkeit, das Gymnasium oder die Realschule besuchen zu können, ist sowohl für Schülerinnen und Schüler, als auch für ihre Eltern bedeutend. Das Prozedere des Probeunterrichts bringt intensive Vorbereitung mit sich, die nicht durch schulische Vorbereitung gewährleistet wird. Eltern müssen sich häufig durch Nachhilfelehrer oder professionelle Lernbegleitung behelfen, die unter Umständen mehrere hundert Euro kosten können. Gerade für sozial schwächere Familien stellt dies eine große Herausforderung dar. Deswegen ist es wichtig, dass in den Schulen mehr Zeit auf eine Vorbereitung für eine Teilnahme am Probeunterricht verwendet wird und die Schüler so dementsprechend gewappnet sind.

zu 2.: Einführungsklassen dienen als Alternative zum direkten Eintritt in die gymnasiale Oberstufe und entsprechen im Allgemeinen der 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums. Im Schuljahr 2020/21 gab es an 104 der 431 bayerischen Gymnasien Einführungsklassen[2]. Damit der Besuch dieser Klassen flächendeckend gewährleistet ist - insbesondere im ländlichen Raum - ist es wichtig, diese Zahl auszubauen.

Um sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler der Einführungsklasse die bestmögliche Vorbereitung auf die Oberstufe bekommen, müssen die Lehr- und Stundenpläne angepasst werden. Da viele Themen in Fächern wie zum Beispiel Geschichte oder Sozialkunde bereits durch den Unterricht in der Realschule abgedeckt werden, wäre es sinnvoller diese Zeit in Naturwissenschaften zu investieren, da diese den Realschülern meist die größten Schwierigkeiten bereiten. So ist zusätzlich garantiert, dass die Schüler bei der Fächerbelegung in der Oberstufe mehr Auswahl haben.

Durch das Angebot einer zweiten Fremdsprache ebnet die Einführungsklasse auch Schülern den Weg zum Abitur, die auf der Realschule keinen fremdsprachlichen Zweig besucht haben. Allerdings werden diese oftmals mit Schülern unterrichtet, die die zweite Fremdsprache bereits vier Jahre an der Realschule belegt haben. Durch den Vergleich dieser unterschiedlichen Wissensstände werden Sprachanfänger oftmals schlechter bewertet. Hier ist es wichtig konkret zu verankern, dass die Schülerinnen und Schüler gemäß ihres Lernerfolgs benotet werden müssen und nicht im Vergleich zu Mitschülern, die die Sprache schon länger lernen.

zu 3.: Bei der Wirtschaftsschule handelt es sich um eine Schulform, die eine allgemeine, sowie berufliche Grundbildung für Wirtschafts- und Verwaltungsberufe vermittelt. Der Abschluss einer Wirtschaftsschule führt zum Erwerb der Mittleren Reife. Momentan können Schülerinnen und Schüler die Wirtschaftsschule meist frühestens ab der 7. Klasse besuchen. Im Schuljahr 2013/14 wurde von der Stiftung Bildungspakt Bayern in Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus der Schulversuch “Wirtschaftsschule ab der 6. Klasse” gestartet[3]. Seit dem Schuljahr 2020/21 können alle interessierten Wirtschaftsschulen die Jahrgangsstufe 6 als Zusatzangebot einrichten[4]. Ziel muss es sein, die Wahrnehmung dieses Angebots flächendeckend zu ermöglichen.

Auch die Ausweitung auf die 5. Klasse wäre dementsprechend folgerichtig.

zu 4.: Das Absolvieren einer Fachoberschule (FOS) ist neben dem Wechsel auf das Gymnasium, eine Möglichkeit für Schüler und Schülerinnen mit der Mittleren Reife, einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen. Die FOS vermittelt neben Allgemeinbildung auch fachtheoretische und -praktische Bildung. Dies geschieht durch eine erneute Wahl von Ausbildungsrichtungen und einem zwei- bis dreiwöchigen Wechsel von Schul- und Praktikumsphasen. In §8 I Satz 1 Nr. 1 der Schulordnung für die Berufliche Oberschule - Fachoberschulen und Berufsoberschulen[5] ist festgelegt, dass Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse an einer FOS bis zum Ende des ersten Ausbildungsabschnitts einer Probezeit unterliegen. Erreichen sie dort nicht die festgelegten Ergebnisse, endet das Ausbildungsverhältnis. Da die meisten Arbeitgeber oder auch andere Schularten den Lehrbetrieb meist ab August oder September starten, stellt ein Nichtbestehen der Probezeit für die Schülerinnen und Schüler eine unüberbrückbare Lücke in ihrem Lebenslauf dar.

Hinzu kommt, dass die ersten Monate in einer neuen Schule - die zusätzlich einher kommt mit einer neuen Unterrichtsform - oftmals eine Belastung für Schülerinnen und Schüler bedeutet. Durch die verpflichtenden Praktika wird zusätzlicher Druck auf die Schüler ausgeübt und die Eingewöhnung in die neue Schulart erschwert. Eine Verlängerung der Probezeit auf das Ende der 11. Klasse bildet hier eine sinnvolle Maßnahme, um den Schülern den Start in die Fachoberschule zu erleichtern und ihnen die Möglichkeit auf einen bestmöglichen Abschluss zu bieten.

Sollte es trotzdem zum Nichtbestehen der Probezeit kommen, müssen die Schulen garantieren, dass die betroffenen Schüler durch entsprechende Beratungslehrkräfte Alternativen für die Zukunft aufgezeigt bekommen.

Fußnoten:

[1]Übertritt Bayern, Erfolgschancen bei Elternwille nach nichtbestandenem Probeunterricht, https://uebertrittbayern.de/erfolgschancen-bei-elternwille-nach-nichtbestandenem-probeunterricht/, aufgerufen am 06.05.2022

[2]Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Übertritt und Schulwechesl in Bayern: So geht die Schulkarriere weiter,  https://www.km.bayern.de/eltern/schularten/uebertritt-schulartwechsel.html, aufgerufen am 06.05.2022

[3]Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München, Schulversuch “Wirtschaftsschule ab 6. Jahrgangsstufe, https://www.isb.bayern.de/wirtschaftsschule/uebersicht/ws-6/, aufgerufen am 06.05.2022

[4]Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Die 6. Jahrgangsstufe wird eingeführt, https://www.km.bayern.de/eltern/meldung/6413/die-6-jahrgangsstufe-wird-eingefuehrt.html, aufgerufen am 06.05.2022

[5]Bayerische Staatskanzlei, Schulordnung für die Berufliche Oberschule,  https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayFOBOSO-8, aufgerufen am 06.05.2022